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Zur Demokratisierung der digitalen Kontrolle: Warum die Politik es allein nicht schaffen wird

Seit einiger Zeit explodieren die Probleme, die durch Social Media verursacht werden: Der Fall Cambridge Analytica, dessen rechtsextremer Mitbegründer und Namensgeber Steve Bannon die Parole ausgeben hat, Gesellschaften zu zerstören, um antidemokratische rechte Regime zu errichten, ist mithin das drastischste Beispiel, wie mit eher bescheidenen Mitteln und passenden Daten Unheil angerichtet werden kann: Brexit, Trump und Bolsonaro gäbe es ohne diese Firma vermutlich nicht (1). Die Nachfolgefirma Emerdata Limited hat 2018 $19 Millionen an Funding eingeworben. Es steht folglich die Frage im Raum, ob wir in Zukunft noch von fairen Wahlen sprechen können.
Die Politik selbst ist hierbei befangen, profitiert sie doch selbst von algorithmisch geleiteten (Des-)Informationskampagnen, die eine zunehmend dem aufklärerischen Journalismus abgewandte Sphäre der Gesellschaft dankbar aufnimmt und sich darin gestärkt fühlt, die Spaltung der Gesellschaft, auch durch Taten, voranzutreiben.
Mit dem problematischen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) wurde eine Zensurapparatur in Deutschland in Stellung gebracht, die inzwischen von zahlreichen autoritären Staaten dankend kopiert wurde (2). Sie soll der Verrohung Einhalt gebieten, während sie faktisch den Unternehmen carde blanche zur Zensur einräumt.

Im Vortrag soll es um Perspektiven gehen, die aus dieser destruktiven Spirale von Funding durch Kapitalfirmen für höchsteffektive Manipulationsmaschinen und den staatlich legitimierten, aber weithin unbeaufsichtigten Zensuraktivitäten der großen Social-Media-Konzerne führen. These des Vortrages ist, dass kein Weg daran vorbeiführt, den Verkauf unserer Daten und damit die epistemische Grundlage der Destruktion von Demokratie zu stoppen. Beispiele des globalen Datenhandels werden die Dringlichkeit zivilgesellschaftlichen Handelns untermauern.

(1) https://en.wikipedia.org/wiki/Cambridge_Analytica
(2) https://netzpolitik.org/2020/tuerkisches-internet-gesetz-die- bislang-schlimmste-kopie-des-deutschen- netzwerkdurchsetzungsgesetzes

Zur Person:

Dr. Oliver Leistert (1) beschäftigt sich mit den Effekten von Social Media auf gesellschaftliche Prozesse und gouvernementale Subjektivierungen. Er hat zur Überwachung der Nutzung mobiler Medien durch soziale Bewegungen promoviert (2) und dafür den Preis des Surveillance & Society Netzwerks für die beste Monographie 2014 erhalten. Seit Juni 2020 betreibt er an der Leuphana Universität Lüneburg ein von der DFG finanziertes Forschungsprojekt zu einer Machtanalytik von Blockchains (3). Er war Sachverständiger des Ausschusses Digitale Agenda des Bundestages zum Thema „Libra und andere Kryptowährungen“ (4).

(1) https://www.leuphana.de/institute/icam/personen/oliver- leistert.html
(2) https://www.peterlang.com/view/9783653032680/978365303268 0.00009.xml

(3) https://www.leuphana.de/institute/icam/forschungsprojekte/block chains-medien-der-souveraenitaet.html
(4) https://www.bundestag.de/resource/blob/658790/7ce8a02fb400a c7571f1704ed86e4ff6/Stellungnahme-Leistert-data.pdf

Bild: https://www.leuphana.de/institute/icam/personen/oliver-leistert.html

 

Ersatz-Termin RingVU DataPolitics mit Oliver Leistert