Ringvorlesung WS 2014/15:

In Zeiten von Smartphones und „social web“ können alle ihr Leben und ihren Körper medial in Szene setzen. Mit den Möglichkeiten der Inszenierung steigt auch der Zwang zur Optimierung. Kosmetische Eingriffe werden häufiger, ebenso die Einnahme leistungssteigernder und stimmungshebender Psychopharmaka. Der Körper wird zum Produkt, dessen Wert am Arbeitsmarkt und in der Sphäre des Zwischenmenschlichen steigen soll. Noch nie schien der Wunsch so groß, körperliche Leistungsgrenzen auszuweiten und ewig jung zu bleiben.

Auch technologisch erweiterte Biologie und Robotik rücken immer mehr in Reichweite, z.B. in der Vorstellung des Cyborgs. Man träumt sogar davon, durch die Verschmelzung von Mensch und Maschine bzw. durch gentechnische Re-Programmierung Biologie und Sterblichkeit hinter sich zu lassen. Gleichzeitig verschafft das Zusammenwachsen von Mensch und Maschine denjenigen, die die Technologien und Infrastrukturen bereitstellen, eine noch nie dagewesene Macht: Das schon bei Smartphones beträchtliche Potential zur Überwachung und Steuerung menschlicher Körper steigt.

Diesseits von Euphorie und Paranoia stellt sich die Frage, was die Leistungs- und Optimierungsphanta­sien unseres Zeitalters eigentlich antreibt. Haben wir es mit einer selbstreferentiellen Eigendynamik des Technischen zu tun, die den menschlichen Körper versklavt? Oder sind es umgekehrt körperliche Bedürf­nisse, die im technischen Fortschritt ihre Erfüllung finden? Wie kann das Wechselspiel von Körpern und Technologien im 21. Jahrhundert angemessen beschrieben werden?

HS 6, Do 18:00–19:30 Uhr
LV-Leitung: Andreas Beinsteiner und Tanja Kohn

Hier finden Sie Informationen, Präsentationsfolien und Audiodateien zu den einzelnen Einheiten.

09.10. Justus Piater (Innsbruck): Roboter für Menschen, oder Menschen für Roboter?

30.10. Tobias Eichinger (Freiburg): Medikalisierte Phantasien. Ethische Aspekte ärztlicher Hilfe zur Selbstoptimierung

13.11. Christian Stewen (Bochum): Spielfiguren, Cyborgs, Avatare. (Digitale) Filmanimationen und ihre Körper

17.11. Medientag der LFU

  • Workshops und Podiumsdiskussion

20.11. Reinhard Margreiter (Innsbruck/HU Berlin): Zwischen Goldenem Zeitalter und Apokalypse: Zur Dialektik medientheoretischer Körperdiskurse

27.11. Babette Babich (Fordham University New York): Körperoptimierung als Phantasie-Projektion der Technik

04.12. Sven Stollfuß (Mannheim): Differently Constituted Bodies and Minds. Transhumanistische Ideale in der Beschleunigungsgesellschaft

11.12. Magdalena Flatscher-Thöni (UMIT Hall): Wissenschaftlich relevante Methoden der ökonomischen Bewertung eines Menschenlebens

18.12. Wolfgang Palaver (Innsbruck): Unsterblichkeit – Religiöse Grenzfrage oder technische Herausforderung?

08.01. Peter-Paul Verbeek (Twente): The boundaries of the human: why the „human enhancement“ debate needs more philosophy of technology

15.01. Noelia Bueno-Gómez (Innsbruck): Dekonstruiert die techno-wissenschaftliche Gesellschaft die menschliche Mortalität?

22.01. Stefan Selke (Furtwangen): Vom vermessenen Menschen zum verbesserten Menschen? Lifelogging zwischen Selbstkontrolle und Selbstoptimierung in sozial erschöpften Gesellschaften

Körperphantasien: Optimimierung, Robotik, Transhumanismus